Die HOV überzeugt im Konzerthaus des NDR
Das war neu: Schon im Foyer begrüßten die Musiker der Hannoverschen Orchestervereinigung ihr Publikum persönlich. Im sehr gut gefüllten Konzertsaal eröffnete die HOV am 15. November 2025 unter der bewährten Leitung von Martin Lill den Abend mit dem Klavierkonzert in a-moll von Edvard Grieg, einem Höhepunkt der romantischen Konzertliteratur. Die junge rumänische Pianistin Ioana Andreescu ließ hier ihr Instrument in wunderbarer Balance zwischen donnernder Wucht, zartem Weben und rauschhaften Klangwellen schwelgen, sehr nuanciert begleitet von der HOV unter der aufmerksamen und konzentrierten Leitung ihres Dirigenten. Die gerade erst 17-jährige Andreescu konnte überzeugend zeigen, dass ihre vielen Auszeichnungen und Preise mehr als berechtigt sind, zuletzt im September 2025 der 1. Preis beim 3. Internationalen Klavierwettbewerb „Junge musikalische Löwen“ in Leipzig . Nach dem fulminanten Schlussakkord bedankte sich die Solistin für den begeisterten und anhaltenden Applaus mit einer in sich ruhenden Zugabe: „Aus jungen Tagen“ op.65 Nr.1, ebenfalls von Edvard Grieg.
Im zweiten Teil dann die Symphonie fantastique von Hector Berlioz: Martin Lill erklärte in einer kurzen Werkeinführung, dass der französische Komponist der Romantik mit diesem Werk eine erste sinfonische Programmmusik vorgelegt hatte. Berlioz vertonte ein autobiografisches Liebesdrama in 5 Sätzen, von der ersten Begegnung und Enttäuschung über tiefe Verzweiflung zu albtraumartigen Todesfantasien. Die HOV brachte dieses expressive und melodramatische Werk mit aller geforderten Feinheit, Groteske und Klanggewalt zur Aufführung. Martin Lill führte das Orchester mit großer Ausgewogenheit zwischen rhythmischer Präzision, kraftvollen Ausbrüchen und fast meditativer Sinnlichkeit durch dieses kolossale Werk. Man war mitgerissen zwischen Walzerrausch, dem sehnsüchtigen und ersterbenden Zwiegesang zwischen Englischhorn und Oboe und der finalen opiumgetränkten Eskalation im Hexensabbat.
Das Publikum dankte mit lautem Bravo und stehenden Ovationen. Das Orchester bedankte sich mit Tanzfreude pur, dem Danzón No 2 des mexikanischen Komponisten Arturo Márquez. Das hatte Ohrwurmqualität.
Helge Amtenbrink, 16.11.2025

